Bernd Diekmann/Klaus Heinloth
Energie
Verlag Teubner 1997
ISBN: 3-519-13037-2
XXII, 456 Seiten, Preis: 59,-- DM

Vorwort zur zweiten Auflage


Das vorliegende Buch stellt eine Neuauflage des 1983 erschienenen Lehrbuchs gleichen Titels dar.
Hierbei soll das Grundkonzept beibehalten werden, dem naturwissenschaftlich interessierten aber nicht unbedingt als Ingenieur vorgebildeten Leser eine sachliche und möglichst wertungsfreie Orientierungshilfe zu geben. Dies mag dazu dienen, manche emotionale um vom Wunsch als Vater des Gedankens bestimmte Vorstellung zu korrigieren aber andererseits auch Argumentationshilfe für die Durchsetzung innovativer Konzepte bereitzustellen. An der Gültigkeit entsprechender Vorbemerkungen zur 1 Auflage hat sich nichts geändert: viele kontroverse Diskussionen lassen sich durch die Bereitstellung aller wesentlichen Fakten versachlichen.
Folgerichtig wird auch der konzeptionelle Aufbau des Buches beibehalten:
Nach einleitenden Bemerkungen zum Begriff ENERGIE in seiner physikalisch-naturwissenschaftlichen Einbettung, nach Präsentierung unseres heutigen und zukünftigen Umgangs mit Energie (so wie sich dieser heute abzeichnet) sollen alle heute genutzten und zukünftiger Nutzung erschließbaren Quellen 'en detail' vorgestellt werden:
In welcher Form und Menge steht uns die Quelle zur Verfügung? Wie und mit welchen Randbedingungen können wir sie nutzen? Welche erkennbaren Auswirkungen hat diese Nutzung auf die Umwelt?
Weitere Kapitel behandeln die Möglichkeiten der Speicherung und des Transports von Energie und erläutern spezielle, technisch oder physikalisch bemerkenswerte und erläuterungsbedürftige Formen der Energienutzung.
Sodann soll in einem Fazit versucht werden, die Ergiebigkeiten aller Quellen einerseits, sowie Umweltauswirkungen bzw Risiken auf der anderen Seite sine ira et studio zu bilanzieren. Letzteres bezieht Auswirkungen in ihrer gesamten Bandbreite ein: Freisetzung von toxischen oder radioaktiven Schadstoffen, von atmosphärenchemisch und strahlungsphysikalisch relevanten 'Abfallprodukten' der Energienutzung.
Letztgenanntes, häufig unter dem Stichwort Treibhauseffekt subsummiertes Problemfeld ist von Klaus Heinloth redigiert worden.Hierfür und für seine zahlreichen Anregungen zu dieser Neuauflage in ihrer Gesamtheit sei ihm an dieser Stelle gedankt.
Ein Vorwort zu einer solchen Überarbeitung wäre unvollständig, erwähnte es nicht die zwischenzeitliche Entwicklung sowohl auf naturwissenschaftlich technologischem Gebiet als auch auf dem der politischen Problembewertung und Entscheidungsfindung.
Der Anspruch des Lehrbuchs, eine vollständige Zusammenstellung möglicher Energiequellen zu präsentieren, braucht nach 12 Jahren - trotz insgesamt stürmischer technologischer Entwicklung: man denke an die Revolution in der Kommunikationstechnologie - nicht revidiert zu werden.
Keine wirklich neue Quelle ist aufgetaucht, keine der damals als eher exotisch apostrophierten Varianten hat die Autoren Lügen gestraft.
Die damalige Skepsis der Autoren gegenüber Extremfortschreibungen damaliger Energiegesamtkonsumption und der Konsu mption von 'Erneuerbarer' oder Nuklearer Energie hat sich bewahrheitet (und damit manche der damaligen Szenarienentwerfer widerlegt)
Natürlich haben sich in Teilbereichen Akzentverschiebungen ergeben
Die Euphorie bezüglich des Einsatzes erneuerbarer Quellen ist einem gewissen Pragmatismus gewichen.Dieser wird bedingt duch die Einsicht, daß eine unkritische Euphorie Widerstände hervorruft (man denke an die Windenergie an der Nordsee ) aber auch - positiv rückkoppelnd - durch die erzielten Erfolge zum Beispiel bei eben dieser Windenergie oder bei der Einführung 'Nachwachsender Rohstoffe'.
Entsprechendes wäre auch zur Euphorie bei der Abschätzung der Einsparung von Energie anzumerken.
Beachtliches ist in diesem Zeitraum bei der Durchsetzung entgiftender Technik im Kraftwerks- oder Automobilbereich geleistet worden (was nicht heißen soll, daß in diesem Problemfeld die Situation als 'unter Kontrolle' angesehen werden kann )
Bezüglich Nuklearer Energie haben sich die Positionen von Befürwortern und Gegnern wenig verschoben.Manchen mag die hieraus resultierende Stagnation freuen, aber die Option durch den Einsatz - auch neuartiger, 'inhärent sicherer' - nuklearer Technologie die Folgen des Einsatzes fossiler Energien zu mindern, ist sicherlich nicht näher gerückt.
Dies mag als Resüme jüngerer naturwissenschaftlich technischer Entwicklung zunächst genügen, mehr Details entnehme man den jeweiligen Abschnitten des Buches.
Auch auf der politisch gesellschaftlichen Ebene findet sicherlich eine Entwicklung statt.Warnungen vor ungezügeltem Verbrauch fossiler Energie und seiner Auswirkungen auf das Klima werden sicherlich nicht mehr als 'Ablenkungsmanöver der Kernenergielobby' abgetan.
Die Enquetekommision 'Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre ' hat mit großem Fleiß Material zusammengetragen, das - richtig ausgewertet - zu einer Versachlichung der öffentlichen Diskussion beiträgt und Denkanstöße für nationale und internationale Anstrengungen liefert, die nun mit der Elle der praktischen Umsetzbarkeit gemessen und sodann 'angepackt' werden müssen.
Auch internationale Bemühungen der Problembewältigung haben 'Tritt gefaßt'. Der lähmende Interessenskonflikt 'Industriestaaten-Entwicklungsländer' hat bei der Findung eines weltweiten Öko- und damit auch Energiekonsenses an Dominanz verloren.Die UmWELTkonferenz von Rio de Janeiro hat mit ihrem Postulat eines 'sustainable development' eine Konzeption gefunden, mit der die Menschheit leben kann (und muß!).
Die mit 'Nachhaltigkeit' manchmal als etwas frei empfundene deutsche Übersetzung von sustainability=(V)erträglichkeit nimmt Bezug auf einen entsprechenden Begiff der Forstwirtschaft gegen Ende des 18 Jahrhunderts:
nur abholzen, was nachwächst
Diese historische Nuance der Übersetzung zeigt auf, daß Probleme nicht nur unserer Generation auferlegt sind.Auch früher haben - zumindest subjektiv vergleichbare - Herausforderungen bestanden;es bedarf Mut und Zuversicht und nicht weinerlichen Endzeitsherbeiredens, um sie zu lösen:
Der kleine Antonius Diekmann kam mit einem bemerkenswerten Gebet aus dem Erstklässlerreligionsunterricht nach Hause, das sicherlich für religiöse und nichtreligiöse Menschen vergleichbaren Sinngehalt überträgt:

Gib mir den Mut,
Dinge, die ich ändern kann, anzugehen!
Gib mir die Geduld
Dinge, die ich nicht ändern kann, hinzunehmen!
Gib mir den Verstand
beides voneinander trennen zu können!

Dülmen im Frühjahr 1995, Bernd Diekmann


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